Gericht | Firmennews | Wirtschaft | Mercedes-Benz | Dieselskandal
Das Stuttgarter Oberlandesgericht (OLG) stellte am Donnerstag das "bedingt vorsätzliche Handeln" von Mitarbeitern des Unternehmens fest, woraus sich ein Anspruch auf Schadenersatz ergebe. Mercedes kündigte umgehend an, in Revision zu gehen. (Az. 24 MK 1/21)
Das Urteil geht auf eine Musterfeststellungsklage des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) aus dem Jahr 2021 für Käufer von Mercedes-Modellen der Reihen GLK und GLC zurück. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hatte 2018 und 2019 Rückrufbescheide wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen für diese Modelle mit Dieselmotoren der Abgasklassen Euro-5 und Euro-6 ausgestellt.
Das Oberlandesgericht stellte nun zunächst unter Verweis auf das KBA fest, dass die fraglichen Fahrzeuge mit unzulässigen Abschalteinrichtungen verkauft wurden. Schadenanspruch hätten die Käufer aber nur, sollte der Hersteller sie dadurch "vorsätzlich geschädigt" haben. Zumindest für die Euro-5-Modelle habe der vzbv ein vorsätzliches Handeln von Mercedes nicht darlegen können, erklärte das Gericht.
Bei den Euro-6-Modellen urteilten die Richter hingegen, dass Mercedes-Mitarbeiter zum Zeitpunkt der Inverkehrgabe der Fahrzeuge "zumindest billigend in Kauf genommen" hätten, dass die Autos mit unrechtmäßigen Systemen ausgestattet waren. Der vzbv hatte insbesondere auf rechtskräftige Strafbefehle gegen drei Mercedes-Mitarbeiter wegen gewerbsmäßigen Betrugs verwiesen, von denen einer auch die fraglichen Euro-6-Modelle betrifft.
Eine Musterfeststellungsklage soll zunächst den grundsätzlichen Anspruch auf Schadenersatz feststellen. Anschließend müssen die Verbraucher die konkreten Summen individuell einklagen. Die Feststellungsklage ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Ein weiteres Fragezeichen ergibt sich daraus, dass Mercedes noch gerichtlich gegen die Rückrufbescheide des KBA vorgeht.
Der vzbv verbuchte das Urteil des Stuttgarter OLG dennoch als Erfolg. "Nun sind wichtige Weichen für Schadenersatzansprüche gestellt", erklärte Ronny Jahn, der beim vzbv für Sammelklagen zuständig ist.
"Wir vertreten eine andere Rechtsauffassung als das Gericht und werden Revision zum Bundesgerichtshof einlegen", erklärte hingegen Mercedes-Benz. "Wir halten die geltend gemachten Ansprüche gegen unser Unternehmen weiterhin für unbegründet und werden uns dagegen verteidigen." Die Unternehmensentscheidungen beim Verkauf der strittigen Modelle seien "zum damaligen Zeitpunkt zumindest vertretbar" gewesen und "jedenfalls nicht in der Absicht unrechtmäßig zu handeln" getroffen worden.
"Von dem Urteil profitieren nur rund 2800 Teilnehmer der Klage direkt", erklärte der Anwalt Claus Goldenstein, der nach eigenen Angaben tausende Autokäufer bei Klagen im Zusammenhang mit dem Diesel-Abgasskandal vertritt. Die Entscheidung sende dennoch ein positives Signal an Verbraucher. Der Abgasskandal habe unter anderem zu Wertverlusten der Fahrzeuge geführt. "Insofern ist es nur folgerichtig, dass die Halter von illegal manipulierten Mercedes-Fahrzeugen einen Teil des ursprünglich gezahlten Kaufpreises zurückfordern können."
pe/hcy © Agence France-Presse
Gericht | Firmennews | Wirtschaft | Mercedes-Benz | Dieselskandal
ANZEIGE