Nach der Verabschiedung eines Gesetzes im Thüringer Landtag mit den Stimmen von CDU, AfD und FDP richtet sich gegen die Union scharfe Kritik.
"Die CDU in Thüringen hat gestern mit der Höcke-AfD gemeinsame Sache gemacht", erklärte der SPD-Parteivorstand am Freitag in Berlin. Die Grünen sprachen von einem "Tabubruch".
Die CDU verteidigte hingegen ihr Verhalten.
Der Thüringer Landtag hatte mit den Stimmen von CDU, AfD und FDP am Donnerstagabend einen CDU-Antrag zur Senkung der Grunderwerbsteuer im Freistaat beschlossen. Die Regierungsfraktionen von Linken, Grünen und SPD stimmten dagegen. Rot-Rot-Grün hat keine eigene parlamentarische Mehrheit. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) warf der CDU mit Blick auf die vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestufte AfD unter ihrem Rechtsaußen Björn Höcke einen "Pakt mit dem Teufel" vor.
"Mit diesen Demokratiefeinden darf es keine Zusammenarbeit geben", forderte auch die SPD-Spitze. SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast sagte dem "Spiegel", die CDU habe "von Anfang an mit den Stimmen der AfD geplant". Dies sei "ein historisches Versagen der CDU". SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert warnte die CDU vor weiteren parlamentarischen Entscheidungen mit AfD-Hilfe. "Demokraten dürfen die AfD niemals zum parlamentarischen Zünglein an der Waage machen", sagte er dem ARD-Hauptstadtstudio.
Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) warf der Thüringer CDU vor, offen mit der AfD zusammengearbeitet und Absprachen getroffen zu haben. Sie sprach im Rundfunk Berlin-Brandenburg von einem "Tabubruch". Die Brandmauer sei nicht mehr da. Grünen-Parteichefin Ricarda Lang forderte CDU-Chef Friedrich Merz auf, für Klarheit zu sorgen. "Unsere Demokratie braucht eine stabile konservative Kraft, die klar steht, wenn es um die Zusammenarbeit mit rechtsextremen Parteien geht", erklärte sie.
Der Linken-Bundesvorsitzende Martin Schirdewan warf der CDU mangelnden demokratischen Anstand vor. "Deren Wertekompass ist total kaputt", erklärte er.
Auch FDP-Politiker gingen auf Distanz zu den Liberalen in Thüringen, die ebenfalls mit CDU und AfD für die Steuersenkung stimmten. Dafür gebe es "keinerlei Unterstützung der Bundespartei", sagte die Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann dem "Spiegel". Sie erinnerte an die umstrittene Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich, der 2020 in Thüringen mit Unterstützung von CDU und AfD zum Ministerpräsidenten gewählt worden war. Er trat kurz darauf auch auf Druck der Bundes-FDP wieder zurück. Seither gilt das Verhältnis zwischen der FDP im Bund und in Thüringen als belastet.
Die Vorsitzende der Jungen Liberalen, Franziska Brandmann, sagte dem ARD-Hauptstadtstudio, es verbiete sich "für aufrechte Demokraten, politische Initiativen zu starten, deren Gelingen von der Unterstützung durch Rechtsextreme abhängig ist".
FDP-Chef Christian Lindner sagte der "Augsburger Allgemeinen", der Gesetzesbeschluss mit den Stimmen der AfD sei "kein gutes Signal". Er wies allerdings eine Mitverantwortung seiner Partei zurück. "Es war ein Antrag der CDU-Landtagsfraktion", sagte Lindner. "Deshalb ist das jetzt die Verantwortung der CDU."
Die CDU verteidigte hingegen ihr Vorgehen in Thüringen. Es sei infam, der CDU eine Nähe zur AfD zu unterstellen, sagte CDU-Vizechefin Karin Prien im Deutschlandfunk. Es habe im Erfurter Landtag keinerlei Absprachen mit der AfD gegeben. Die CDU müsse in der Lage sein, konstruktive Oppositionsarbeit zu leisten – ohne sich dafür gleich Vorwürfe anhören zu müssen. Ähnlich hatte sich zuvor auch der CDU-Vorsitzende Merz geäußert.
Thüringens CDU-Landes- und Fraktionschef Mario Voigt bekräftigte, es sei bei der Steuersenkung um Inhalte und Familienpolitik gegangen. "Wir arbeiten nicht zusammen mit dieser rechtsextremen Gruppe um Björn Höcke", sagte Voigt am Donnerstag in den ARD-"Tagesthemen". Vorwürfe von Ramelow, die CDU sei bei der Abstimmung einen "Pakt mit dem Teufel" eingegangen, bezeichnete Voigt als "absoluten Unsinn".
Rückendeckung bekam die CDU von CSU-Chef Markus Söder. Merz habe recht, wenn er sage, die CDU mache sich bei inhaltlichen Initiativen wie einer Senkung der Grunderwerbssteuer nicht von anderen Fraktionen abhängig, sagte Söder im Sender RTL.
hex/cfm © Agence France-Presse