Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat China vorgeworfen, durch seine Unterstützung Russlands den Krieg in der Ukraine "anzuheizen" und damit die Beziehungen zum Westen aufs Spiel zu setzen.
Auf der einen Seiten wolle China gute Beziehungen zum Westen unterhalten, "zur gleichen Zeit heizt Peking aber den Krieg in Europa an", sagte Stoltenberg der "Welt am Sonntag". Beides gleichzeitig sei nicht möglich. Derweil einigten sich die G7-Finanzminister bei einem Treffen in Italien auf eine Ausweitung der Sanktionen gegen Russland.
Laut Stoltenberg gibt es eine eindeutige Zunahme der chinesischen Verkäufe von Maschinenteilen, Mikroelektronik und anderen Technologien, die in Russland für die Produktion von Raketen, Panzern und Flugzeugen zum Einsatz kommen. Die Unterstützung Pekings sei "lebenswichtig" für Russlands Krieg in der Ukraine, sagte er.
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine vor mehr als zwei Jahren haben Moskau und Peking ihre Wirtschaftsbeziehungen und ihre strategische Partnerschaft vertieft. Erst am vergangenen Wochenende hatten der russische Präsident Wladimir Putin und Chinas Staatschef Xi Jinping bei einem Treffen in Peking ihre Partnerschaft bekräftigt.
China nimmt für sich in Anspruch, im Ukraine-Krieg eine neutrale Position einzunehmen. Peking wird aber vom Westen für seine Weigerung kritisiert, seinen Verbündeten Russland für dessen Invasion in der Ukraine zu verurteilen.
Bei einer Konferenz in London am vergangenen Mittwoch hatte der britische Verteidigungsminister Grant Shapps Peking vorgeworfen, "tödliche Hilfe" für Russlands Krieg in der Ukraine zu liefern. Auch die USA zeigten sich angesichts Chinas Unterstützung für die russische Verteidigungsindustrie besorgt.
Die Ukraine steht derzeit durch die russische Bodenoffensive in der Region Charkiw im Nordosten des Landes erheblich unter Druck. Zwar wurden die russischen Truppen dort nach Angaben der ukrainischen Armee vom Freitag an einem weiteren Vorrücken "gehindert", allerdings verstärkte Moskau die Angriffe auf andere Teile der Front.
Das russische Verteidigungsministerium meldete am Samstag weitere Geländegewinne in der ostukrainischen Region Donezk. Die Truppen hätten "die Kontrolle über die Ortschaft Archanhelske übernommen", hieß es. Das kleine Dorf an der Frontlinie liegt in der Nähe der Ortschaft Otscheretyne, die Russland nach eigenen Angaben zu Beginn des Monats eingenommen hatte.
Angesichts der Rückschläge für die Ukraine forderte Stoltenberg in der "Welt am Sonntag" die Nato-Mitgliedstaaten zu deutlich mehr Unterstützung für das von Russland angegriffene Land auf. "Wir müssen mehr Waffen und Munition an die Ukraine schicken, wozu auch Flugabwehrsysteme und weitreichende Waffen gehören", sagte er. Die Ukraine habe Rückschläge wegen Mangel an Munition und Waffen hinnehmen müssen. Für einen Sieg sei es aber noch nicht zu spät.
Die westlichen Verbündeten müssten jedoch auch Pläne haben, um ihre militärischen Vorräte wieder aufzufüllen und die Produktion von Waffen und Munition hochzufahren, betonte Stoltenberg. Wenn Kreml-Chef Wladimir Putin "seinen Willen in der Ukraine durchsetzt, wird es keine anhaltende Sicherheit in Europa geben und die Welt wird insgesamt instabiler werden", sagte er der Zeitung. "Wir müssen Russland von weiteren Aggressionen abhalten."
Bei einem Treffen im norditalienischen Stresa einigten sich die Finanzminister der G7-Staaten unterdessen auf weitere Sanktionen gegen Russland. Sie seien "entschlossen, die finanziellen und wirtschaftlichen Sanktionen auszuweiten", hieß es am Samstag im Entwurf für die Abschlusserklärung. Dabei solle auf die Einnahmen Russlands aus dem Energie- und Rohstoffsektor gezielt werden. Der Westen hatte nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine im Februar 2022 massive Sanktionen gegen Russland beschlossen.
Auch hinsichtlich der Frage, in welchem Maße eingefrorene russische Vermögenswerte zur Finanzierung der Ukraine-Hilfen herangezogen werden sollen, sei bei den Beratungen ein Fortschritt erzielt worden, hieß es weiter. Die EU-Mitgliedsländer hatten sich zu Beginn der Woche darauf verständigt, künftig mit den Zinsgewinnen aus eingefrorenen russischen Vermögen weitere Militärhilfen für die Ukraine zu finanzieren. Auf diese Weise sollen jährlich etwa drei Milliarden Euro zusammenkommen.
lt/ju AFP
NEU
Hier geht es zum Abo via Facebook!